Robert

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Robert 2017

Mein Name ist Robert. Ich bin 64 Jahre alt, körperlich und psychisch (durch Krebs und dadurch mit posttraumatischer Belastungsstörung) beeinträchtigt und lebe in Berlin Mitte. Seit etwa 45 Jahren spiele ich Gitarre. Dazu kamen im Laufe der Zeit Bass, Keyboards, Sopransaxofon, Querflöte, zweisaitige Thaigeige, Synthesizer, Vocoder, Posaune, Tambura, diverse Flöten, Gong, Hapi, Gamelan und Perkussions-Instrumente.

 

Meine frühesten Erinnerungen an Musik während der Schulzeit hängen alle damit zusammen, dass mir der Zugang zur Musik vermiest wurde. Das führte dazu, das ich mit 17 quasi bei Null begann.

Anfang der 70er Jahre hörte ich dann Zappa, Jimi Hendrix, die Doors, Cream, Stones, Yardbirds und Them, um Einige zu nennen, die bis heute meine musikalischen Wurzeln prägten.                                                                 

In den folgenden Jahren zog ich durch die Berliner Keller, in denen wir preiswert Übungsräume einrichteten, und jammte mit meiner Gitarre mit jedem, der mir die Tür öffnete. Das hat sich bis heute nicht verändert, ausser dass es keine Keller mehr sind, in denen ich mit neuen Menschen improvisiere. Mit Hilfe der weitenwickelten digitalen Technik ist es heutzutage möglich, auch mit bescheidenem Etat in jedem Wohnzimmer ein kleines Studio mit elekrischem Schlagzeug und Monitorboxen einzurichten.

Verständnis für musikalische Zusammenhäng brachte mir eher die Mathematik, mit deren Hilfe ich mir die Logik des Notensystems der westlichen Zwölftonmusik aneignen konnte. So schaute ich mir die mathematischen Zusammenhänge von Tonarten, den Abständen der Töne zueinander und dem Quintenzirkel an und brachte mir autodidaktisch bei, wie sich zum Beispiel ein verminderter Mollseptaccord berechnen lässt. Während meines Philosophiestudiums bei Habermas und Horkheimer lernte ich, dass Leibniz die Musik eine verborgene arithmetische Übung der Seele nannte.

Laroche Foucault sagte zur gängigen Notenschrift, dass ständiger Gebrauch an alles gewöhnt. Dem schliesse ich mich heute noch vorbehaltlos an. Während der Arbeit mit Kindern benutzte ich Zahlen und Farben um Lieder beizubringen,  ohne das ich schon von anderer Seite von derartigen Herangehensweisen gehört hätte. Bpm (Beats per Minute) als Tempoangabe und Db (Dezibel) als Lautstärke waren mir damals nicht bekannt. Atonale Musik, japanische und indonesische Tonleitern zum Beispiel, sind für mich heute ein Quell der Spontaneität.

Eine besondere Begabung sehe ich bei mir darin, Musiker unterschiedlicher Genres zusammenzubringen und Kompositionen mit ihnen zu schöpfen. Ich denke, dass es mir in stets zunehmendem Masse gelingt, alle musikalischen Einflüsse der Menschen, die mit mir musizieren, in einen Fluss zu bringen und in ein komplexes Ganzes zu transformieren. Dies ist stets sowohl eine grosse Herausforderung, wie auch Freude für mich.

Seit 2015 arbeite ich mit Emmanuelle zusammen. Wir befinden uns in einem Prozess ständiger Erneuerung unserer musikalischen und spirituellen Begegnung. Sie ist die Quelle der Kraft meiner Motivation und Inspiration, nicht nur auf der musikalischen Ebene.

Kreativität ist meiner Erfahrung nach in ihrem Ursprung in meiner Seele beheimatet. Ich finde sie im Inneren. Aus der Stille heraus darf alles auftauchen. Gefühle, Bilder, Töne… Um diese Erfahrungen im Rahmen meiner musikalischen Fähigkeiten und Aktionen in die Tat umzusetzen und hörbar zu machen, benötige ich Kopf und Hand, lateinisch: caput et manus.

Die Aufnahmen von Emmanuelle und mir entstehen aus Improvisationen. Ein in dieser Art neues Feld für mich, die Emmanuelle und ich gemeinsam gefunden haben. Es ist eine Form von Improvisation auf Basis von formalen und nicht inhaltlichen Konzepten. Das bedeutet, dass wir vor dem Musizieren keine inhaltlichen Parameter ausmachen. Die formalen Bedingungen, wie etwa die Wahl der Instrumente, ein Grundton und das Tempo beziehungsweise einer oder zwei dieser Aspekte werden intuitiv vor dem Beginn eruiert.  

Es kann durchaus vorkommen, dass dies nicht zum gewünschten Erfolg führt, so dass das Projekt verworfen wird. Oft jedoch entsteht so eine Musik, die auf sehr subtile Art und Weise die Seele und das Herz unserer Zuhörer berührt. Es ist eine Musik, die auch das unaussprechliche Unbewusste in uns auszudrücken vermag.

Die Aufnahmen in unserem bescheidenen Heimstudio werden nur äusserst rudimentär bearbeitet, was so gewollt ist. Zum Beispiel justieren wir nachträglich die Lautstärke und benutzen Fade-in und -out. Perfektion suchen wir eher in der Absichtslosigkeit unseres Zusammenspiels.

Es ist stets meine Hoffnung und mein Anspruch, dies bei Liveauftritten vermitteln zu können. Auswendig Gelerntes gilt es zu vermeiden. Den kreativen Schöpfungsakt, den wir erfahren, möchten wir mit anderen Menschen teilen. Deshalb suchen wir das Publikum.

Gewissermassen sehe ich uns als den Raum, in dem alles geschieht. Die Töne, Rhythmen und harmonikalen Strukturen tauchen quasi aus der Stille auf. Es scheint, als ob sie aus der Ewigkeit und Unendlichkeit ohne unser kognitiv gesteuertes Zutun erscheinen, nur um ebendort wieder zu verschwinden.

Wenn der nötige Raum vorhanden ist, fängt mein Körper beim Musizieren auch an zu tanzen. Der Körper wird sozusagen ebenfalls zu einem Instrument. Er vermag mit seinen erlernten Techniken und handwerklichen Fähigkeiten mehr oder weniger gut umzusetzen, was da aus den intuitiven Tiefen meines Selbst Form annehmen möchte.

Trance- Musik mit spirituellem Hintergrund kann so ein Crossover mit allen Formen der Musik, die uns je zu Ohren gekommen sind, erfahren. Wir lieben es, ein weites Spektrum von obertonreichen Instrumenten zu verwenden. Sowohl DAWs (Digital Audio Workstations), (Natur-) Samples sowie natürlich auch konventionelle Saiten-, Blas-, Perkussions- und Tasteninstrumente kommen zum Einsatz.

Wenn möglich, habe ich eine besondere Freude daran, die Musik in eine Performance zu integrieren. Vielleicht sogar dabei Bilder entstehen zu lassen, zu tanzen und mich verkleidet mit dem Publikum auseinander zu setzen.

Musik, Theater und bildende Kunst sind für mich untrennbar verbunden. Und eine besondere Schwierigkeit ist es selbstverständlich die Worte, die dabei in mir auftauchen, angemessen zu integrieren.

Seit 2014 musiziere ich mit Emmanuelle.

An dieser Stelle danke ich unter anderem:

Gert K., Michael B., Christian S., H-P und Stephan, Aik Z., Emmi B., Michael B., Chrissi P., Renate C., Lutz, Jörn, Christoph R., Iwo, Chuck, Jodi, Elke, Carol, Gamelan Berlin, Love power, Always Ultra, Christian Kesten, Tom Zunk, Wolfgang Andreas B. (ohne den Sie das hier gar nicht lesen würden)  und den vielen anderen, die mir halfen, mit der Musik die stürmischen Klippen meines Lebens zu umschiffen.